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Kiefern 7 - Drachenhaus

Ben Mathis 

Anfang Drachenhaus

Sonnengelb und leuchtendrot entführt die Fassade des Drachenhauses in der Kiefernstraße 7 des Streetart- und Graffitkünstlers Ben Mathis den staunenden Besucher in die Welt der chinesischen Mythen. Entstanden ist dieses Kunstwerk 2008/2009 im Rahmen der Aktion (5mal5) in Zusammenarbeit mit dem Farbfieber e.V. Die Mannigfaltigkeit der menschlichen Lebensformen wollten die Bewohner dieses Hauses mit diesem farbig kraftvollen Motiv verdeutlichen.

Nicht nur für Reichtum steht dieser chinesische Drache, sondern auch für Glück, Reichtum und Intelligenz. In China gilt der Drache als Urahn der Menschen. Er besitzt Power und Energie und steht für Gesundheit und ein langes Leben. Er vereinigt mehrere Lebewesen in sich und versinnbildlicht so seine Vielseitigkeit/Mannigfaltigkeit. Einen Kopf wie ein Kamel, ein Hirschgeweih und einen Schlangenkörper mit Fischschuppen sowie Füße mit messerscharfen Krallen nennt er sein eigen.

Das gesamte Design für dieses Haus, das auch "Schwesternheim" genannt wurde, stammt von Ben Mathis. Die Fassade wurde von ihm aufbereitet und vorgestrichen. Die Motive selbst sind mit der Spraydose entstanden. Hier war ich in meinem Telefoninterview mit Ben sehr überrascht, da ich mir so gar nicht vorstellen konnte, dass diese fein ausgearbeiteten Konturen mit einer Spraydose möglich sind. Aber ich bin ja auch nur der Betrachter und kein Fachmann. 2-3 Wochen hat er daran gearbeitet, erzählt er mir am Telefon, über 12 Jahre nach der Fertigstellung dieses Kunstwerkes. Erstaunlich ist der gute Erhalt der Farben. Auch hierzu hat Ben eine einfache Erklärung. Das Haus Kiefern 7 liegt eher im Schatten, was dazu führt, dass die Farbe nicht so extrem ausbleicht. Eigentlich ganz einfach, oder?

Doch wer ist eigentlich Ben Mathis?

Geboren 1977 in Rouen(F) zog er mit 10 Jahren nach Düsseldorf. 10 Jahre später gestaltete er schon große Außenflächen. 2002 - 2003 studierte er an der FH Niederrhein Industriedesign. In den Jahren 2003 - 2010 studierte er Pharmazie an der HHU Düsseldorf, da ihm klar war, dass er von seiner Kunst allein nicht von Begin an leben konnte. Sein 2008/2009 entstandenes Drachenhaus hat er also noch während seiner Studienzeit erschaffen. Es war nicht sein erstes großflächiges Werk und es sollte nicht sein letztes sein. Doch erst mal promovierte er 2011 zum Apotheker. 

In einem Interview, das das Düsseldorfer Kunst Magazin "THE DORF" mit Ben Mathis geführt hat, erzählt er anschaulich von seinen ersten recht frühen Sprayerfolgen:

Wie alles begann ...

In der 8. oder 9. Klasse kam Ben bereits mit neuen Mitschülern ans Sprayen. Zuerst war sein Schule die Leinwand, später zog es die jungen Wilden zu neuen Orten. Man fuhr mit Fahrrädern zu Zuggleisen und machte die Nacht zum Tag, um die Brücken in der Umgebung zu verschönern. 

Was treibt einen Sprayer an?

Die einen suchen das Abenteuer, den Kick, andere scheinen ihre Zerstörungswut in Farben zu kanalisieren und letztendlich gibt die wirklich Kreativen, die Künstler, die es schaffen, ihre Kunst in den urbanen Raum zu tragen und dort im Gegensatz zu Galerien und Museen für jedermann zugänglich zu machen.

Ben gehörte offensichtlich zu den letzteren, den Kreativen. Er perfektionierte die Möglichkeiten der Spraydose und mit der Zeit verlor er die Lust auf zeitlich eingeschränkte Nacht- und Nebelaktionen und suchte nach Möglichkeiten, seine Kreativität legal ausleben zu können. Es folgten kleinere Aufträge, an Wänden und Leinwänden, die sich verkaufen ließen. So kam eins zum anderen und Bens künstlerische Karriere nahm Fahrt auf.

Seiner Meinung nach hat sich die Technik der Streetart Kunst in den letzten Jahren verändert.

Nicht die Fähigkeit, das Sprayen exakt zu beherrschen sei ausschlaggebend, sondern eigene kreative Ideen an die Öffentlichkeit zu bringen und sich so einem größeren Publikum mitteilen zu können. Die Simplizität der Kunst dem Betrachter deutlich zu machen, sei die große Stärke der Streetart. Da diese Kunstwerke im Gegensatz zu Museen und Galerien ungefiltert an den Betrachter gebracht werden, kann nicht alles als "künstlerisch wertvoll" angesehen werden. "That´s life." Das kommt halt auch vor.

Streetart, Graffitkunst oder auch Murals, diese Bezeichnung steht für große Wandbilder, sind poppig und knallig, sagt er, schnell und direkt. 

Direkt Stellung zu beziehen oder einen politischen Standpunkt zu vertreten, sei nicht so sein Anliegen. Kunst, die direkt auf Missstände zeigt, sozusagen mit dem künstlerischen Finger, empfindet er eher als plump.

Seine kritischen Fragen wirft er gerne als Paradoxon in den Raum, als Gegensätze, die sich beim ersten Wahrnehmen einander ausschließen, nicht wirklich zusammen gehören. So mag der Zuschauer zum Nachdenken angeregt werden.  Er sieht es nicht als seine Aufgabe an, zu werten, sondern möchte die Menschen für ihre Umgebung sensibilisieren. Einen durchgehenden eigenen Stil ist für ihn nicht das Maß aller Dinge. Im Vordergrund stehe die Freude an seiner Arbeit. Er liebt die Kraft seiner Arbeit und mag nicht unbedingt vorgeschriebenen, geplante Wege gehen. Ein Weg kann mal in die Irre führen, seine Arbeiten Sprünge aufweisen, aber letztendlich zeigen seine Werke eine gewissen Kontinuität, einen roten Faden.

Krefeld, Juni 21

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